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Hard- & Software In eigener Sache Kurzmeldung

Neu sortierter Downloadbereich

Kurzmeldung

Der Downloadbereich auf FABIANS WEBWORLD ist jetzt übersichtlicher

Einige Monate nach dem Launch der aktuellen Version dieser Seite bin ich nun endlich dazu gekommen, zumindest einige meiner Freeware-Tools von der alten Archivseite in die neue WordPress-Welt hinüberzuretten und habe dabei den Downloadbereich auch etwas neu sortiert.

Neu ist (seit ein paar Wochen) ein dedizierter Bereich mit Tools, die für Medienschaffende, Content Creator und Broadcaster von Interesse sein könnten: Tools for Broadcasters & Creators.

Einige andere Tools – die besonders anachronistischen und nur noch aus historischem Interesse zu betrachtenden Stücke – finden sich weiterhin im Archiv.

Liebe Grüße
Euer Fabian

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Denkanstoß Gesellschaft Musik & Musikwissenschaft Philosophisches

Gerechtigkeit: warum nicht auch hier und jetzt?

Denkanstoß
Ostern ist ein schönes Fest, nicht nur für Christ*innen. Und allen, die es feiern, gönne ich das von Herzen. Doch es gibt ein Problem mit seinem zentralen Narrativ. Ein paar Gedanken eines christlich geprägten, aber immer skeptisch gewesenen Agnostikers zu Gerechtigkeit und Gleichheit – so kurz und knapp, wie ich kann.

Jedes Jahr zu Ostern feiert die christliche Welt – und, wenn wir ehrlich sind, können wir das auf „die westlich-abendländische, christlich geprägte“ Welt erweitern – das Osterfest, das höchste Fest im christlichen Kirchenjahr. Die Diskussion, ob es sich dabei ursprünglich um ein heidnisches Fest zu Ehren der Frühlingsgöttin Ostara handelt, möchte ich hier gar nicht anreißen (Kurzfassung: die Wissenschaft geht heute davon aus, dass es sich bei dieser Erzählung um einen etymologischen Irrtum handelt, der letztlich in der NS-Zeit für Propagandazwecke missbraucht wurde und sich bis heute vor allem im rechten Milieu großer Beliebtheit erfreut – es existiert aber auch die nicht vollständig be- oder widerlegbare Gegenthese, dass die christlichen Kirchen genau diese Sicht der Dinge heute am liebsten verbreiten, um davon „abzulenken“, dass viele christliche Feste schon irgendwie vorher da waren und – was historisch bewiesener Fakt ist – die Daten, an denen wir sie feiern, auf christlichen Konzilen mehr oder weniger per Dekret festgelegt wurden und dabei durchaus durch die Daten vorchristlicher Bräuche beeinflusst wurden).

Worüber ich heute schreiben möchte, ist aber tatsächlich das christliche Ostern. Was dabei im Mittelpunkt steht, ist die Auferstehung Jesu. Doch in Wahrheit geht es nicht „nur“ darum, dass hier jemand, der für „die Sünden der Welt“ (peccata mundi) gestorben ist, nach drei Tagen auferstanden ist. In Wahrheit steht genau eine Sache im Mittelpunkt: das Leben nach dem Tod.

Das Leben nach dem Tod ist eines der zentralen Religionsversprechen des Christentums, und leider auch eines der meistinstrumentalisierten der Institution Kirche, des Systems Glaube. Das ist bekannt, das bekommen wir, wenn wir den Religionsunterricht besuchen, hierzulande spätestens, wenn das Thema Reformation auf dem Lehrplan steht, auch gut vermittelt. Die Geschichte geht ganz einfach – die „Glaubensautorität“, in dem Fall die (katholische) Kirche, verspricht dir: lebst du „hier unten“ immer schön artig, fromm und sündenfrei (oder zahlst entsprechend für den ein oder anderen Ablassbrief), dann profitierst du nach dem Tod vom ewigen Leben in Frieden und Gerechtigkeit – im „Himmel“.

Lässt sich halbwegs gut mit Aussagen aus der „heiligen Schrift“ begründen und funktioniert für eine Kirchenobrigkeit, die davon profitiert, dass ihre „Schäfchen“ schön das machen, was sie sollen (und dann auch gerne mal klingende Münze für entsprechende Verfehlungen springen lassen), jahrhundertelang erschreckend gut.

So weit, so bekannt. Es gibt aber einen zweiten Aspekt, der bei der Betrachtung dieses ganzen Auferstehungs- und Leben-nach-dem-Tod-Narrativs regelmäßig unter den Tisch fällt: der (durchaus auch von der Kirche schon jahrhundertelang betonte) Gedanke: „Vor Gott sind alle Menschen gleich“.

„Vor Gott“ – das heißt übersetzt: nach dem Tod. Dann nämlich, wenn „gerichtet“ werden soll. Genau dann soll Gerechtigkeit herrschen. Nun ja, zumindest sollen alle nach den gleichen Maßstäben – ob die nun sinnvoll sind oder nicht – behandelt werden.

Und genau da spielt eben ein zweiter Aspekt der kirchlich-religiösen Unterdrückung (neben dem „lebe so, wie wir das sagen, sonst ist eh nix mit Himmel“) hinein: dieses Versprechen, dass ja letztlich, nach dem Tod, in jedem Falle „Gerechtigkeit“ herrschen soll. Und dieses Versprechen, so mein Eindruck, soll nur vordergründig Trost und Zuversicht spenden (im Übrigen ist hier, wie so oft im Zusammenspiel von Glaube und religiöser Institution, der Grat zwischen „Trost“ und „Vertrösten“ sehr, sehr schmal).

„Hey, nach dem Tod, da sind ja eh alle gleich, also nerv uns Obere jetzt mal zu Lebzeiten nicht so mit Gerechtigkeit, lieber frommer Christ!“

In erster Linie soll dieses Vertrösten auf die große Gerechtigkeit nach dem Tod auch eine Rechtfertigung, eine Absolution dafür sein, dass all die Privilegierten, Mächtigen, Oberen (kirchlich wie weltlich) zu Lebzeiten jahrtausendelang und bis heute von ihren Privilegien, ihrer Macht, ihrem Reichtum profitieren.

Motto: stimmt schon, „der Papst lebt herrlich in der Welt“, Kaiser und König auch – aber hey, nach dem Tod, da sind ja eh alle gleich, also nerv uns Obere jetzt mal zu Lebzeiten nicht so mit Gerechtigkeit, lieber frommer Christ.

Die Kirche als Institution und auch ihre Predigenden sind und waren mit Segenswünschen, salbungsvollen Worten für Verstorbene, Osterfrieden und so weiter immer schnell dabei. Was aber viel wichtiger wäre: können wir nicht einfach alle gemeinsam alles daran setzen, dass hier und jetzt, auf unserem Planeten, zwischen uns Menschen, die wir darauf leben, endlich mal Gerechtigkeit einkehrt, eine wirkliche Gleichbehandlung, Ende von Ausgrenzung von Minderheiten, Frieden zwischen Völkern und Gruppierungen jedweder Art? Wäre das nicht das oberste Ziel?

Für mich ist das ein – und beileibe nicht das einzige – Problem mit der ach so schönen Auferstehungsgeschichte. Beim Thema Religionskritik möchte ich gar nicht vom Hundertsten ins Tausendste kommen und ganz bestimmt niemandem das Osterfest madig machen, beileibe nicht!

Ich finde nur, über diesen Aspekt muss gesprochen werden. Wie es im Übrigen Kurt Marti als einer der Wenigen recht prominent in seinem Gedicht „Anderes Osterlied“ schon im Jahr 1969 getan hat, ein Gedicht, dass dann nur ein Jahr später Peter Janssens – sorry, trotz Sacro-Pop – kongenial vertonte (auf die Melodie des Osterhymnus „Christ ist erstanden“).

Für das Stück wandelte Janssens den Text leicht vom Original Martis ab, und so beginnt es mit diesen so treffenden Zeilen – zusammen mit dem stampfenden Beat in Moll eher an ein sozialistisches Arbeiterkampflied erinnernd als an einen Osterhymnus:

Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,
erst dann die Herrschaft der Herren,
erst dann die Knechtschaft der Knechte
vergessen wäre für immer.

Peter Janssens in Anlehnung an Kurt Marti in: „Anderes Osterlied“, 1970

Ich finde: wenn wir das mit der Gerechtigkeit auch mal vor dem Tod hinbekämen, können wir von mir aus gerne darauf pfeifen, was nach dem Tod ist – aber auch gerne daran glauben, dass die Gerechtigkeit da weitergeht. (Pro-Tip: schon mal von Karma gehört? Auch kein übles Konzept!)

Aber bitte, bei allem: das Hier und Jetzt ist es, das Gerechtigkeit am meisten bräuchte. Und am meisten davon profitieren würde. Sozial wie politisch. Zwischen Geschlechtern aller Art. Zwischen gesellschaftlichen „Schichten“. Zwischen Mensch und Natur.

Lasst uns daran arbeiten.

Frohe Ostern!

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Hard- & Software Rezensionen & Reviews Tech Story

Wie Windows 11 auch Late-Adopter enttäuscht

„Ein vermutlich ganz neues Team an Entwicklern muss nun Features neu implementieren, von denen es selbst keine Ahnung hat, dass es sie mal gab – man scheint jedenfalls mit den ‚Senior-Devs‘ nicht wirklich viel gesprochen zu haben, genausowenig wie mit Power-Usern.“

Was Technik angeht, bin ich ja jemand, der gerne ausprobiert, experimentiert und erforscht. Das heißt nicht unbedingt, dass ich mich als Early Adopter bezeichnen würde: größere Neuerungen, gerade Betriebssysteme oder Hardware-Architekturen, muss ich nicht sofort haben, nur weil sie neu sind. Ausprobiert werden sie bei mir dennoch, aber in sicheren „Sandboxen“: Als VM, auf echter Hardware mit einem Image-Backup des vorigen Systems in der Hinterhand, oder einfach auf einem separaten Testsystem. Und da dauert es dann meistens keine 10 Minuten und ich finde die ersten Klopper, wenn es welche gibt. Bei Windows 11 musste ich nicht lange suchen, Beispiel gefällig?

Bittesehr, schaut euch die Taskleiste an:

Taskleistenanimation: Statischer Fenstertitel
Taskleistenanimation: Fenstertitel nach Verlängerung abgeschnitten

Paint setzt den Fenstertitel direkt beim Erstellen des Fensters („Unbenannt – Paint“) – hier klappt alles. Der neue Editor jedoch (und das machen viele, viele Programme so, Firefox gehört auch dazu) setzt nach Erstellen des Fensters den Fenstertitel nochmals, hier von „Editor“ auf „Unbenannt – Editor“.

Die Länge der Task-Schaltfläche wird aber nur beim Start einmal berechnet und „verlängert“ sich dann nicht mehr. Das ist doch absoluter Pfusch, oder?

Aber – der Reihe nach.

Tatsächlich gehöre ich vermutlich also sogar eher zu den „Late Adoptern“: bei Hardware muss bei mir erst dann etwas Neues her, wenn das Alte die Anforderungen nicht mehr erfüllen kann – sei es Smartphone oder der klassische PC. Bei Software setze ich gerne auf abgehangene, gut getestete Entwicklungszweige als auf Rolling Releases – was nicht heißt, dass ich nicht neueste Distributionen gerne teste, aber mein „Haupt-Linux“ wird immer eine LTS-Version sein.

Es mag an meinem Beruf liegen, aber für mich ist Technik genau dann gut, wenn sie funktioniert und das vor allem zuverlässig, betriebssicher und lange. Wenig fasziniert mich so, wie alte, gut durchdachte und bei guter Wartung auch nach Dekaden noch funktionierende Technik.

„Late Adopting“ kann manchmal viel Frust sparen

Um bei Betriebssystemen zu bleiben: wichtig ist mir, dass bestehende Workflows nicht ohne Not „brechen“ und dass es in der Software keine neuen Automatismen oder geänderte Verhaltensweisen gibt, die potentiell mit meinen Daten irgendetwas tun, was ich nicht kontrollieren kann, oder bei denen ich einfach nicht weiß, was passiert. Ich versuche also immer zunächst, das Verhalten neuer Software- oder Betriebssystemversionen zu erforschen und zu verstehen. Gelingt das und bringt mir die neue Version einen gewissen Benefit, steige ich aber gerne um – mit dem Nebeneffekt, dass ich dann vielleicht auch gleich die „x.1“-Version habe, die die ersten Kinderkrankheiten der neuen Hauptversion ausbügelt.

So habe ich es auch in meiner eigenen „Windows-Historie“ immer gehalten. Wo es mir sinnvoll schien, bin ich umgestiegen – und hey, ich habe sogar dem vielgescholtenen Windows ME eine Chance gegeben und es – da es für mich ausnehmend gut funktioniert hat und gegenüber Windows 98 damals durchaus Vorteile hatte – jahrelang genutzt! ?

  • Windows 95 war das erste Windows mit einem „echten“ Desktop, einer Taskleiste, einem Startmenü, Verknüpfungen, langen Dateinamen usw. – es bildete jahrelang immer noch den Maßstab für alles, was danach kam
  • Die Installation des „Windows Desktop Update“ mit Internet Explorer 4 unter Windows 95, von vielen damals wegen des Ressourcenverbrauchs kritisch beäugt, war für mich absolut zukunftsweisend und führte dazu, dass ich Windows 98 (was eigentlich nicht viel mehr war als ein Windows 95 mit vorinstalliertem IE4 und später IE5) komplett übersprungen habe
  • Das verpönte Windows ME hatte später einen entscheidenden Vorteil, der heute gerne vergessen wird: es war das erste Windows, das „out of the box“ einen universellen Treiber für USB-Massenspeichergeräte drin hatte. Da dies die Zeit der aufkommenden USB-Sticks war, passte das wie die Faust aufs Auge. Bei Windows 98 musste man nämlich noch den jeweils passenden Treiber von der mitgelieferten CD (meist im Mini-Format, erinnert sich noch jemand?) installieren. Von Microsoft selbst gab es nie ein offizielles Update mit einem universellen USB-Mass-Storage-Treiber, erst später, als Windows 98 für die Retro-Community interessant wurde, verbreitete sich ein solcher auf diversen Kanälen.
  • Danach kam bei mir nach einer längeren Testphase, die mich vollends überzeugt hat, das damals wegen der „bonbonartigen“ Optik ebenfalls unter Nerds eher belächelte Windows XP auf den Rechner und blieb dort dann für satte 15 Jahre. Denn XP war der große Wurf von Microsoft: ein „rock-solid“ OS mit echtem NT-Kernel, den so schnell nichts aus der Ruhe brachte, und das für Consumer! Auch auf meinem damals eigentlich mit Windows ME ausgelieferten Rechner vollkommen problemlos lauffähig, und plötzlich spielte man bei „den Großen“ mit: NTFS-Dateisystem, professionelles Networking, Benutzerrechte und alles, was dazugehört. Und ich war von Anfang an mit der neuen Oberfläche fein (natürlich auf „Silver“ und später dann im schwarz-orangenen „Zune“-Design). Nein, ich gehörte nicht zu den eingefleischten Windows-95/-2000-Ästheten, die Windows XP all die Jahre im „Windows klassisch“-Design betrieben…
  • Als Windows 7 kam, musste sowieso gerade ein neuer Rechner her und ich war sofort damit zufrieden. Man konnte gewisse Dinge so einstellen, dass das Verhalten die bisherigen Workflows gut abgebildet hat und vieles war besser, schneller, schöner. Die Gruppierung auf der Taskleiste konnte abgeschaltet werden und diese auf „kleine Symbole“ gestellt werden – perfekt. Nebeneffekt der neuen Taskleiste war, dass man per Mittelklick auf eine Fensterschaltfläche z.B. ein neues Explorer-Fenster aufmachen konnte – absoluter Zeitsparer!
  • Als Windows 10 kam, hat es auch hier nicht lang gedauert: ich glaube, bereits 2016 war ich überzeugter Windows-10-Nutzer und habe Windows 7 sehr schnell den Rücken gekehrt – anders als viele andere eingefleischte Windows-Nerds. Die kantige, geradlinige, minimalistische und farblich reduzierte Oberfläche von Windows 10 ist in meinen Augen immer noch so ziemlich das schönste, was Microsoft in Sachen GUI-Design je hinbekommen hat.

Dass ich hier Windows Vista und Windows 8 geflissentlich übersprungen habe, bedeutet nun aber nicht, dass ich diese Systeme nicht zumindest probiert hätte. Ergebnis… brauchen wir nicht drüber reden.

Es gab in den 90-er-Jahren mal ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Windows 95: gesehen, gelacht, gelöscht“, getragen meist von Hardcore-DOS- oder Linux-Fans in ihren Informatik-Fachschaften…

Um mir nun ein Urteil zu Windows 11 zu bilden und herauszufinden, ob es (wie schon Windows Vista und Windows 8) einer Neuauflage dieses Shirts würdig wäre, musste es also früher oder später auch mal auf einem meiner Systeme dran glauben. Und so habe ich es – tatsächlich auf meinem Haupt-PC, natürlich mit Image der vorigen Installation – installiert und für ein paar Wochen wirklich produktiv genutzt.

Nach allem, was ich vorher bei kurzem Antesten auf anderen PCs von Windows 11 gesehen hatte, war die neue Oberfläche für mich alles andere als erstrebenswert und auch nicht ästhetisch. Die runden Fenster, die knalligen Farben, die neue bunte Icon-Designsprache – all das spricht mich nicht an. Dass ich so lange gewartet habe, liegt aber auch daran, dass ich Microsoft die Chance geben wollte, nachzubessern, was in den ersten Versionen lauthals kritisiert wurde: vor allem dass man das Startmenü wieder nach links packen und die Fenster in der Taskleiste wieder entgruppieren kann. Das ist ja nun jetzt wieder der Fall.

Windows 11 im Nerdkompatibilitäts-Test

Zunächst mal: es ist nicht alles schlecht, das meiste ist ja auch gar nicht so anders. Mit den richtigen Registry-Tricks bekommt man vieles auch wieder so hin, wie man es als Power-User gewohnt ist und braucht.

Was ich geändert habe:
(Nutzung der .reg-Dateien auf eigene Gefahr)

  • Startmenü / Taskleiste auf linksbündig eingestellt
  • Das klassische Notepad (notepad.exe) wieder mit Textdateien verknüpft (.reg-Datei / .reg-Datei für Undo) anstelle des neuen WindowsAppSDK-basierten, zwar nicht schlecht gemachten, aber prinzipbedingt langsameren Notepad. Ohne den Registry-Hack geht’s übrigens nicht, die Shell erlaubt das Verknüpfen mit notepad.exe sonst nicht und außerdem leitet ein Aufruf von notepad.exe immer auf die neue App um. No-Go im neuen Notepad war für mich übrigens vor allem das nicht abschaltbare Smooth-Scrolling, das bei mir zu Unwohlsein führt. Bei mir muss eine Raste des Mausrads „hart“ um 3 Zeilen scrollen ohne irgendwelche Animationen.
  • Das furchtbar sinnlose, funktional beschnittene neue Explorer-Kontextmenü abgeschaltet und durch das klassische Kontextmenü ersetzt, das man ansosten nur durch Gedrückthalten von Shift oder durch Klick auf „Mehr Optionen“ im Kontextmenü erhält (.reg-Datei / .reg-Datei für Undo)
  • … und diverse weitere GUI-Anpassungen, für die man glücklicherweise keine Registry-Hacks braucht (z.B. den „kompakten Ansichtsmodus“ im Explorer).

Es gibt dann nur noch leichte Unterschiede in der Optik der Shell, die mehr oder weniger Geschmackssache sind, und an die man sich gewöhnen kann.

Einige Dinge aber gibt es, an die ich mich nicht gewöhnen werde, kann oder will, und die für mich auch den Ausschlag geben, Windows 11 vorerst nicht weiter zu benutzen, bis diese gefixt sind. Hauptsächlich geht’s wirklich um die Taskleiste.

Die Taskleiste: hier liegt der Hund begraben

Diese wurde von Grund auf neu entwickelt, so wie es aussieht ohne jemals den alten Code angeschaut zu haben. Wo wir wieder beim Thema Revolution oder Evolution sind. Denn das Verhalten der Taskleiste wurde in den letzten Versionen von Windows seit Windows 95 eigentlich stetig verbessert:

  • Was immer schon ging (seit Windows 95): die Taskleiste lässt sich vergrößern und verkleinern und an alle 4 Bildschirmränder ziehen
  • Ebenfalls von Anfang an dabei war das Feature, ein Objekt auf die Taskleisten-Schaltfläche eines gerade nicht sichtbaren (z.B. verdeckten oder minimierten) Fensters zu ziehen, dort kurz zu verweilen, woraufhin das Fenster automatisch in den Vordergrund geholt wird, und das Objekt dann in dem gewünschten Fenster abzulegen
  • Seit Windows 95C bzw. Windows 95 mit installiertem Internet Explorer 4 mit „Windows Desktop Update“ kann man durch Klick auf die Schaltfläche des aktiven Fensters in der Taskleiste dieses minimieren, und so quasi „togglen“, ob ein Fenster sichtbar sein soll oder nicht
  • Ebenfalls seit dieser Zeit gibt es die Möglichkeit, Schnellstartverknüpfungen in einem eigenen Symbolleistenbereich zur Taskleiste hinzuzufügen
  • Seit Windows XP gibt es die Möglichkeit der Gruppierung von gleichartigen Fenstern – immer aber mit der Möglichkeit, dies auch abzuschalten
  • Seit Windows 7 ist es möglich, durch Mittelklick auf ein offenes Fenster in der Taskleiste ein zweites gleichartiges Fenster (z.B. Windows-Explorer) zu öffnen

Und all das wurde nun über den Haufen geschmissen und ein vermutlich ganz neues Team an Entwicklern muss nun Features neu implementieren, von denen es selbst keine Ahnung hat, dass es sie mal gab – man scheint jedenfalls mit den „Senior-Devs“ nicht wirklich viel gesprochen zu haben, genausowenig wie mit Power-Usern.

Leider gibt es daher folgende Bugs bzw. fehlenden Funktionen, die für mich No-Gos darstellen:

  • Die Taskleiste lässt sich nicht auf die seit Windows 95 bekannte, ursprüngliche Größe (16×16-Icons) verkleinern. Man muss mit den seit Windows 7 etablierten riesigen Symbolen vorlieb nehmen
  • Das System-Tray kann nicht mehr so eingestellt werden, dass immer alle Symbole angezeigt werden – also auch neu hinzugekommene Symbole neu installierter Programme. Zwar war es schon seit Windows XP so, dass standardmäßig nur die Symbole angezeigt wurden, die man entsprechend konfiguriert hat – alle anderen wurden in ein „Überhangmenü“ mit einem Pfeil-Icon verbannt. Bis Windows 10 jedoch gab es eine Option, dieses Verhalten abzuschalten. Als Entwickler, der Programme testet, die solche Icons anlegen und entfernen, ist es wichtig, dass man immer sieht, ob das Erzeugen eines solchen Tray-Icons nun funktioniert hat oder nicht, oder ob ein entsprechendes Programm noch läuft oder nicht.
  • Immerhin kann seit Windows 11 22H2 die Taskleiste so eingestellt werden, dass die Fenster nicht mehr gruppiert werden und auch die Titel der Fenster angezeigt werden. Dies ist jedoch miserabel implementiert: Die Fensterschaltflächen haben keine einheitliche Größe mehr, sondern werden so breit wie ihr Titel dargestellt – mit einer Maximallänge. Allein das bringt schon optische Unruhe herein. Schlimmer aber: Fenster, die zur Laufzeit ihren Titel verändern, wachsen oder schrumpfen somit unvermittelt, was auch zu potentiellen Fehl-Klicks führen kann. Und des nicht genug: es ist auch noch fehlerhaft implementiert. Verkürzt ein Fenster zur Laufzeit seinen Titel, schrumpft die Schaltfläche. Verlängert es den Titel, wird die Schaltfläche aber nicht mehr länger. Der Text erscheint abgeschnitten. Besonders blöd ist das bei Programmen, die ihren Fenstertitel erst einige Millisekunden nach dem Start setzen, weil sie z.B. ein Default-Dokument nachladen o.ä. – hier wird u.U. gar kein Titel angezeigt, weil beim Erstellen des Fensters dieser kurzzeitig leer war. Die Illustrationen zu Beginn des Artikels verdeutlichen das Problem.
  • Drag-and-Drop auf die Taskleiste – also auch der Mechanismus, um Dokumente zwischen Fenstern, die minimiert sind, auszutauschen – funktioniert nicht mehr, wenn UAC komplett deaktiviert ist. Das liegt daran, dass die Taskleiste das WinAppSDK verwendet, welches Probleme mit Drag&Drop mit erhöhten Benutzerrechten hat. Ich möchte nicht darüber diskutieren, ob es gut ist, UAC zu deaktivieren – es gibt Situationen bzw. Arbeitsumgebungen, wo es nötig ist und unter Windows 10 war ein Arbeiten damit problemlos möglich, auch mit allen Interaktionen auf der Taskleiste.
  • Die Lautstärkeregelung zeigt keinen numerischen Wert mehr an und der ganze „Infobereich“ rechts unten wirkt optisch unaufgeräumt.

Es ist nicht alles schlecht

An alles andere, auch das viel schlechtere Startmenü (hey, die Kacheln von Windows 10 fand ich echt nicht schlecht, konnten durchaus informativ sein!), der aufgeblasene Explorer, die bunten Icons, die etwas komisch abgerundeten Titelleisten usw. sind Dinge, mit denen ich leben kann und an die ich mich sogar gewöhnen könnte. Es gibt sogar einen Punkt, den ich bei Windows 11 schöner finde: die neuen Fenster-Minimier/-Maximier-Animationen find ich sehr gut gelungen und viel dynamischer als bei Windows 10. Und die farbliche Hinterlegung der Desktop-Icons bei Mouse-Over (nur heller, statt ins Bläuliche verfärbt) ist auch schöner geworden.

Und immer wieder: die Taskleiste – ohne sie ist alles nichts

Aber die furchtbare Implementierung der Taskleiste ist es, die mich wirklich absolut davon abhält, Windows 11 produktiv zu nutzen, jedenfalls, solange Microsoft das nicht fixt. Ich verstehe nicht, wie so ein existentieller, zentraler Teil der Benutzeroberfläche so ohne Not über den Haufen geschmissen und wirklich halbherzig neuimplementiert werden kann, und das ganze dann auch noch durch die Qualitätskontrolle kommen kann. Das Windows App SDK, auf dem die neue Taskleiste beruht, ist – wie der Name schon sagt – der aktuelle Weg, schnell schöne Apps für Windows zu bauen. Das neue Terminal ist ein tolles Beispiel dafür. Aber die Taskleiste ist nun einmal keine App, sondern ein zentraler Bestandteil der Benutzeroberfläche. Die soll bitteschön eine native Win32/Win64-Anwendung bleiben, die schnell und effizient ist – sonst nix.

Ich werde jedenfalls jetzt erstmal wieder umsteigen und Windows 10 so lange nutzen, wie es sicherheitstechnisch irgendwie geht (ich tippe darauf, dass Microsoft wegen der nach wie vor riesigen Verbreitung von Windows 10 bei wirklich kritischen Sachen auch nach Ende 2025 noch Updates herausgeben wird – auch an die Öffentlichkeit. Wegen Verträgen mit Großkunden mit LTSC-Versionen müssen sie diese bis mindestens Ende 2029 ohnehin noch erstellen). Aber ich habe, wie viele andere, ein Auge darauf, ob Microsoft sich irgendwann der Versäumnisse in Windows 11 doch noch annimmt. Dann können wir weiter reden.

Oder – ja, oder es gibt bis dahin doch ein Windows 12, das genau diese Fehler in Angriff nimmt. Dann wäre die Welt wieder in Ordnung: die Regel, dass jede zweite Major-Version von Windows unbenutzbar ist, hätte sich wieder erfüllt. Und für Windows 11 könnte das T-Shirt gedruckt werden: „Windows 11 – gesehen, gelacht, gelöscht“.

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Elektronik Hard- & Software In eigener Sache Kurzmeldung Medien Projekte

Videotext online: ttxweb im Live-Betrieb bei der ARD

Kurzmeldung

Wie vielleicht einige von euch wissen, faszinieren mich Technik und Geschichte des Teletexts, hierzulande eher bekannt als Videotext, schon seit langem. Die damals wie heute ingenieurstechnisch höchst clevere Mischung aus digitaler Codierung und analoger Fernsehübertragung, insbesondere die Art und Weise, wie das Signal aufgebaut ist und wie einfach es dadurch auf Hardware der damaligen Zeit decodiert werden kann, finde ich bis heute großartig. Auch wenn ich durchaus immer mal wieder meine Zweifel hatte, ob seine schiere Existenz heute noch gerechtfertigt ist, bin ich doch sehr dafür, ihn zu pflegen und gut zu behandeln, solange wir ihn noch haben. ;)

Wie begann sie also, meine „Teletext-Geschichte“? Da meine Großeltern bereits seit den späten 80er-Jahren einen Fernseher mit Videotext-Decoder hatten (im Gegensatz zu meinen Eltern) und ich dort regelmäßig den „Witz des Tages“ (im ARD/ZDF-Videotext auf Tafel 571…) lesen durfte, gehörte dieses Medium für mich von Kindesbeinen an dazu. Wie es genau funktionierte, verstand ich natürlich erst viel später.

Als dann irgendwann Level 2.5-Teletext aufkam und spätere Fernsehgeräte, mit denen ich in der Familie in Berührung kam, tatsächlich diesen Standard unterstützten (Wow! Plötzlich richtige Logos, wie beim ZDF, und eine ungeahnte Farbenvielfalt im Videotext!…), wollte ich irgendwann wirklich wissen, wie das alles funktioniert, und begann, mir im Internet – zum Glück wurde das damals gerade möglich – die entsprechenden Standards zusammenzusuchen und mich einzulesen.

Im Jahr 2011 habe ich mich dann in einem Blogbeitrag und einem zugehörigen, längeren Artikel mit den technischen Hintergründen des Standards beschäftigt und habe versucht, diesen in möglichst verständlichen Worten zu erklären.

Da ich mich in der Folgezeit selbst auch immer mehr mit (Retro-)Hardware beschäftigt habe, wurde mir seitdem mehr und mehr klar, mit welch einfachen Logikbauteilen eine Dekodierung eines Teletext-Signals möglich ist. Wie wenig „State“ ein solcher Decoder hat. Dass es letztlich nur ein paar Bytes RAM, ein paar (Schiebe)register, ein paar Logikbausteine, einen Character Generator mit CG-ROM und ein bisschen Videoelektronik braucht, um einen Teletext-Decoder zu realisieren. Theoretisch alles mit diskreten Bauteilen machbar (bis auf den Seiten-RAM und das CGROM vielleicht).

Irgendwann hatte ich seitdem immer Lust, so etwas selber – komplett diskret – nachzubauen. Allein, es fehlte mir die Zeit und die Muße. Später sah ich dann, dass das schon andere getan haben – in VHDL, was eine großartige Idee ist.

In meinem Beruf ergab sich dann irgendwann die Herausforderung, die Web-Darstellung des hr-texts, des Videotexts des Hessischen Rundfunks, technisch auf neue Beine zu stellen, wenn auch zunächst als vages Ziel, ohne konkreten Auftrag oder Deadline.

Meine Idee, einen eigenen Videotext-Decoder – zumindest Seiten-Decoder, ohne die Empfangs- und Auswahllogik, die ja beim Decodieren von fertigen, als Datei vorliegenden Seiten nicht nötig ist – zu schreiben, in dem Fall mit Ausgabe als HTML, nahm hierdurch neue Gestalt an, und ich programmierte „nebenher“ eine kleine Skriptsammlung in PHP, die genau das tat: ttxweb.

ttxweb kann Videotext-Daten aus einer Datei (momentan im EP1-Dateiformat, eine Anpassung an alle anderen Dateiformate, die Level 1.0/1.5-Teletext-Daten enthalten, ist aber sehr leicht machbar) lesen und in standardkonformes HTML wandeln, das in allen aktuellen Browsern aussieht wie eine „echte“ Teletextseite.

Die Besonderheit – zumindest für mich – daran ist, dass die Dekodierung genauso „stateless“ und ohne separaten „Framebuffer“ für die Displayattribute erfolgt, wie dies ein uralter Teletext-Decoder der allerersten Generation auch getan hätte.

Sprich: die Steuerzeichen werden im Zeitpunkt ihres Auftretens in Anweisungen für die HTML-Ausgabe übersetzt, anstatt dass für jede Zeichenzelle eine Speicherzelle für die Attribute (Vorder-/Hintergrundfarbe, Blinken etc.) vorgehalten würde, wie es z.B. bei einer VGA-Grafikkarte im Textmodus der Fall wäre.

Genau so arbeitet auch ein ursprünglicher Teletext-Decoder ohne Mehr-Seiten-Speicher: letztlich werden die Attribute wie Farbe, Blinken usw. in einfachen Registern vorgehalten und während jeder Rasterzeile während des Auslesens des Seitenspeichers und des CGROM in Echtzeit geändert, sobald im Seitenspeicher an der jeweiligen Spalte ein entsprechendes Steuerzeichen auftritt.

Mit dem Aufkommen von Level 1.5 (erweiterter Zeichensatz) bzw. Level 2.5 (erweiterte Farbpalette und dynamisch definierbare Zeichen) war ein solches Vorgehen dann nicht mehr möglich. Die erweiterten Zeichen bei Level 1.5 werden beispielsweise durch ein zusätzlich übertragenes Packet (X/26), also einer „unsichtbaren“ 26. Zeile, definiert, welche dem Decoder sagt, in welcher Zeile und welcher Spalte er ein Zeichen ersetzen soll. Hier ist definitiv Software nötig, um die entsprechenden Steuer-„Triplets“ zu durchlaufen.

Mein Decoder unterstützt – in auf die in europäischen Sprachen üblichen Sonderzeichen begrenztem Maße – Level 1.5, indem vor der Ausgabe die X/26-Triplets prozessiert und die betreffenden Zeichen durch die korrekten Unicode-HTML-Entitäten ersetzt werden.

Nun – wie ging die Geschichte aus? Ich habe das Ganze Open Source gemacht und auf GitHub gestellt und insbesondere der ARD und allen anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausdrücklich erlaubt, den Code zu verwenden (tatsächlich ist er auch in einem separaten Repository im ARD-internen GitLab eingecheckt, wo noch ein paar Konfigurations-Besonderheiten mitgepflegt werden, die Codebasis ist aber die gleiche). Die Lösung basiert auf zeitgemäßen Webtechnologien, ist mobil-tauglich bzw. responsiv, unterstützt Updates in Echtzeit via XHR, zeigt alle denkbaren Textattribute (inkl. doppelter Höhe/Breite/Größe und Blinken) an, unterstützt, wie gesagt, Level 1.5-Zeichen (auch das „gefürchtete“ @-Zeichen in allen möglichen Codiervarianten) und liest EP1-Dateien sowohl ohne als auch mit X/26-Erweiterungen aus, letztere in mehreren Geschmacksrichtungen (Softel Flair und Softel TAP).

Als erster Sender der ARD nutzt der Hessische Rundfunk nun die Lösung für den hr-text – und spart damit jedes Jahr bares Geld, da nicht mehr auf einen externen Dienstleister für die Web-Darstellung zurückgegriffen werden muss. Das kommt allen Beitragszahlenden zugute. Die neue Lösung läuft auf einem schlanken Webserver (mehr braucht’s ja nicht) als VM in der „ARD-Cloud“ und kann von allen gern hier bewundert werden:

https://hr-text.hr-fernsehen.de

Und ja, ich geb’s zu: ein bisschen stolz bin ich darauf schon… ;-)

Falls irgendwo Interesse an einer Implementierung „in the wild“ bestehen sollte, zögert nicht, mich zu kontaktieren, falls es Fragen zum Deployment geben sollte.

Liebe Grüße und einen guten Rutsch,
Euer Fabian

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Buchkritik Medien Rezensionen & Reviews

Buchrezension: ZDF TV+Design

Über einen Sender, der meine Kindheit prägte, und über sein Design. Und über ein Buch darüber. Eine sehr persönliche Buchrezension mit ein paar Exkursen.

Dass ich vor einigen Monaten zum ersten Mal Werbung für das Buch „ZDF TV+Design“ in meine Instagram-Timeline gespült bekam, war wieder mal so einer der Fälle, wo man denkt, dass Microtargeting verdammt gut funktioniert und die Algorithmen wirklich gruselig genau wissen, wofür man sich interessiert…

Denn ja, es interessierte mich sehr! Ich, Kind der 80er, in Mainz und in einem ZDF-Mitarbeiter-Haushalt aufgewachsen, empfand mit dem ZDF und insbesondere seiner Ästhetik schon immer eine ganz besondere Verbindung. Ich muss wohl einige Male sehr anerkennende, „Haben-Wollen“ signalisierende Laute von mir gegeben und über das Buch gesprochen haben, und weil ich eine so aufmerksame Frau habe, bekam ich das Buch schließlich zum Geburtstag geschenkt. Wie von Geisterhand allerdings von meinen Eltern (man könnte meinen, meine Frau mag ihre Schwiegereltern sehr, so oft, wie die miteinander reden!) ;-)

Jedenfalls habe ich mich riesig darüber gefreut und natürlich sofort begonnen, das Werk minutiös zu degustieren. Eines direkt vorab: es lohnt sich auf allen Ebenen, ich empfehle das Buch uneingeschränkt und mit großer Freude weiter an alle, die sich für Design und Typographie, für Gebrauchsgrafik und Corporate Identity interessieren und/oder irgendetwas mit dem ZDF und seiner Geschichte verbinden.

„A5/11“

Nun aber zum Buch selbst. Es ist das elfte Buch der von Jens Müller herausgegebenen Reihe „A5“, die sich mit wichtigen Themen und Persönlichkeiten aus der Geschichte des internationalen Grafikdesigns beschäftigt und sich selbst als fortlaufend wachsendes Archiv versteht. Die Reihe, die in Kooperation mit dem Fachbereich Design an der Hochschule Düsseldorf sowie dem Fachbereich Design der Fachhochschule Dortmund entsteht, begann bei Lars Müller Publishers und wird mittlerweile beim Verlag OPTIK BOOKS fortgeführt.

Das Cover von A5/11: ZDF TV+Design (Quelle: OPTIK BOOKS)

Der Band „A5/11: ZDF TV+Design“ ist der erste und einzige aus der Reihe, den ich besitze, deshalb kann ich auf Reihe an sich gar nicht weiter eingehen und betrachte das Buch völlig für sich. Um es vorab zu sagen: ich finde es absolut lohnenswert, hochinteressant, schön gestaltet und mit vielen Beispielen sehr anschaulich.

Was ich beeindruckend fand, war, dass wirklich alle Ären des ZDF-Designs sehr umfassend besprochen und mit Bildern illustriert werden. Ich selbst habe als Kind noch die Ära miterlebt, in der Otl Aichers „ZDF“-Schriftzug in der charakteristischen, abgerundeten Schrift das Design prägte und quasi einziges verbindendes Element war. Insbesondere die späteren „Erweiterungen“ dieses Schriftzuges mit abgerundeten 3D-Flächen in Glas-Optik sind mir prägend in Erinnerung geblieben.

Aber auch das danach folgende ZDF-„Auge“ ist mir immer noch präsent – das Buch enthält auch dessen Entstehungsgeschichte und Erklärung des Designers, sodass ich das Signet erst heute wirklich verstanden habe (16 Bundesländer schieben sich als „Scheiben“ übereinander, formen die Kugel, die für die Weltkugel steht, der äußere Kreis ist das Publikum und der asymmetrisch versetzte Kreis soll als verbindendes Element die Rundfunkwellen symbolisieren) – clever, aber doch recht abstrakt und komplex und nicht unbedingt sofort etwas, bei dem man an „Zweites Deutsches Fernsehen“ denkt.

Deshalb war 2001 ja das neue Signet mit der 2 als Z so treffend, so unverwechselbar und eindeutig, dass es bis heute Bestand hat und hoffentlich auch lange noch bleibt. Ich finde es zeitlos und sehr gelungen.

Meine eigenen Erfahrungen mit dem ZDF-Design

All dies, und eben auch alle Evolutionsschritte dazwischen, stellt das Buch in Text und Bild echt toll dar, natürlich insbesondere für alle, die „dabei“ waren und sich sowieso schon immer dafür interessiert haben (und sich deshalb auch noch lebhaft selbst an die verschiedenen Design-Elemente erinnern). So zum Beispiel auch die Design-Epoche mit den verschiedenen bunten „Farbwelten“ für die verschiedenen Genres, bei dem das Augen-Signet als abstrakt „waberndes“ 3D-Elemnet in den Hintergrund trat und der Schriftzug „Das ZDF“ die Marke repräsentierte. Fand ich damals auch gut. Natürlich war der Schriftzug immer noch in der Otl-Aicher-Schrift gehalten. Übrigens auch etwas, das ich generell sehr zu schätzen weiß: das mutigste Redesign ist immer das, das sich traut, auch an Altem festzuhalten und es selbstbewusst für sich stehen zu lassen.

Und über Jahrzehnte hinweg – bis zur Einführung des heutigen Logos – war das ZDF-Design vor allem durch das Festhalten an dieser charakteristischen Schriftart geprägt. Selbst in dediziert neu gestalteten On-Air-Designs – wie beispielsweise dem heutzutage leider ziemlich in Vergessenheit geratenen „heute“-Design von 1998 und den daran angelehnten Ablegern wie dem Mittagsmagazin und auch dem Sport-Design aus dieser Epoche. Die Sendungstitel waren in – teils grafisch bearbeiteten, z.B. mit „angeschnittenen“ Ecken dargestellten – Typen der Otl-Aicher-Schrift gehalten, während Schrift-Inserts bereits in einer Swiss/Helvetica-ähnlichen Schrift, vor allem im Kursivschnitt, gehalten waren. Dieses Nachrichtendesign von 1998, in grün-blau gehalten, mit der Weltkugel als zentralem Gestaltungsmerkmal, die mit dem Kugel-und-Kreise-Signet als Animationselement spielt, verschiedene Farbakzente für die Sendungen „heute“ (blau), „heute journal“ (orange), „heute mittag“ (gelb) usw. einführt, und eben diese Mischung aus alter Schrift und neuen Elementen nutzt war für mich eine der prägendsten Neuerungen in der deutschen TV-Landschaft der späten 90er-Jahre.

Ich erinnere mich noch genau, wie ich auf die erste Sendung aus der neuen Studio-Deko hingefiebert und diese dann sogar unterwegs – gemeinsam mit meinem Vater war ich auf einem Kurztrip nach Paderborn ins Heinrich-Nixdorf-Museums-Forum – abends im Zimmer unserer Frühstückspension auf dem kleinen, transportablen LCD-Fernseher geschaut habe. (Side Note: diese Dinger waren damals zwar der totale High-Tech und „die Zukunft“, aber halt qualitativ grottenschlecht. Farben konnte man zwar erahnen, aber nur, wenn man sich exakt im richtigen Winkel zum Briefmarkengroßen Display befand… trotzdem war es ein Erlebnis).

Tja, bereits 2001 wurde dieses Design dann im Rahmen des großen ZDF-Logo-Redesigns wieder abgelöst – wenn auch die Studio-Deko in ihrer Struktur erhalten blieb und nur mit neuen Materialien, Grafiken und Folien überklebt wurde und der Tisch umgestaltet wurde – aber es wurde eine ganz neue Farbwelt daraus: warme Holztöne, und dann der wunderbare Kontrast aus dem dunklen Nachrichten-Weltkugel-Blau und dem frischen neuen ZDF-Logo-Orange. Ja, das 2001er-Design war definitiv edel und sehr, sehr schön. Es wurde etwas Gutes mit etwas anderem Guten abgelöst, das ist es, warum mich dieser Designwechsel damals wie heute immer noch nicht kaltlässt.

Das Blau-Orange-Spiel hat dann ja auch immerhin bis 2009 sehr gut funktioniert, und ich habe es von Anfang bis Ende geliebt. Aber – wie gesagt: ich fand von Beginn an, dass es zwar absolut das Richtige, aber nicht per se besser als das Vorgängerdesign war.

Was ich damit vor allem sagen will: das 1998er-heute-Design hat einfach, auch retrospektiv, nie die Aufmerksamkeit und Anerkennung gefunden, die es meiner Meinung nach verdient gehabt hätte. Aufmerksamkeit, die es auch deshalb verdient hat, weil es – meiner Information nach – vollständig „inhouse“ und mit eher kleinem Budget entstanden ist und eben noch mit den althergebrachten Elementen (Kreise-Signet, Rundschrift) arbeitete, diese aber mit Neuem (Farbwelt, Weltkugel) verband und so eine ganz unverwechselbare Designwelt schuf.

Aufmerksamkeit, die es aber deshalb nicht lange bekam, weil eben 2001 etwas kam, das so stimmig und ebenfalls gut war, dass man den Vorgänger schnell vergaß, was ihm aber absolut unrecht tut.

Und, was im Übrigen auch gerne vergessen wird: das Design von 1998 ist deshalb retrospektiv wichtig, weil es einen ganz neuen, orchestralen Nachrichten-Sound im deutschen Fernsehen etablierte, der auf symphonischen Samples basierte (das vorige heute-Signet war 80er-typisch komplett synthie-basiert – was natürlich auch cool war, und die Tagesschau mit ihren synthetischen Bläsern wirkte auch eher bieder). Das neue orchestrale Thema von 1998 ließ mir damals auch ziemlich die Kinnlade runterklappen, kannte man so etwas doch bisher eigentlich nur aus dem amerikanischen Fernsehen.

Erwähnenswert ist das auch deshalb, weil das Design von 2001 die Melodien und Themes nahezu vollständig übernahm, sie nur nochmals – zeittypisch – mit etwas mehr „Wumms“ versah. Bis auf eine Ausnahme: das „heute journal“-Thema wurde komplett ersetzt, sodass man sagen kann, dass die 1998er-Variante die letzte war, die die ikonische Journal-Melodie beinhaltete (daaa – di – daaa, da da da daaaa, ihr wisst schon…). Die Version von 2001 führte für das Journal ein neues Thema ein, das – wiederum – ebenfalls hervorragend und episch war, sodass auch hier gesagt werden kann: etwas sehr sehr Gutes wurde durch etwas anderes, sehr sehr Gutes ersetzt. Im Nachhinein kann man sagen: passt schon. Das erste Gute hätte nur vielleicht ein paar Jahre mehr auf dem Sender verdient gehabt…

Ich merke gerade, dass meine Rezension zum Buch eigentlich gerade selbst zur Designkritik des ZDF-Designs und insbesondere zur Schwärmerei für die „heute“-Ära 1998-2001 wird, aber das musste gerade sein, und Kritik an einem Designbuch und Kritik am Design, das es behandelt, geht wohl manchmal nur Hand in Hand. Wie bin ich überhaupt darauf gekommen? Ach ja, ich wollte hervorheben, dass Aichers Schrift selbst im Jahr 1998, ja im Grunde bis 2001, noch eine zentrale Rolle spielte. Wer sich im Übrigen intensiver für Otl Aichers Einfluss und seinen ursprünglichen Entwurf und dessen Präsentation interessiert, dem sei dieser – reich bebilderte – Artikel wärmstens ans Herz gelegt, der ebenfalls vom Herausgeber des Buches stammt.

Also weiter im Text: Es werden in Müllers Buch natürlich auch die neuesten Entwicklungsschritte, also auch auch das Redesign im virtuellen Nachrichtenstudio (2021) und die Einführung der neuen, an die Helvetica angelehnten, Hausschrift thematisiert.

Und wieder zum ZDF-Design selbst: Das mit der neuen Hausschrift – ein Schritt, den ich zwiegespalten sehe. Das neue News-Design gefällt mir, keine Frage, aber die Abkehr von Helvetica ist für mich immer ein Abschied mit weinendem Auge. Ich will nicht sagen, dass die Helvetica das Non-Plus-Ultra für alle Anwendungen ist, aber wenn ein Design einmal mit der Helvetica funktioniert, dann gibt es wenig, was über diesen „Peak Typography“ hinauswachsen kann. Daher ist das Beste, was ich der neuen Schrift abgewinnen kann, dass sie nur behutsam vom Helvetica-Look weggeht und natürlich die praktischen Vorteile einer Uniwidth-Schrift sowie eine optimierte Lesbarkeit (I vs. l usw.) besitzt. Aber leider ist genau der letzte Punkt auch der, der mich furchtbar an der neuen Schrift stört.

Denn es gibt nichts, was ich fürchterlicher finde, als serifenlose Schriften, die dann aber bei der „I“-Versalie doch Serifen haben. Das finde ich irgendwie… nicht richtig.

Nun ja, aber auch daran gewöhnt man sich auch, wie auch an die Tatsache, dass die Schrift in verschiedenen Schnitten mal den Bogen am kleinen „l“ hat und mal nicht.

Aber zurück zum Buch: all das wird wirklich schön dargestellt, nachgezeichnet und illustriert. Die grafische Gestaltung und die Produktion mit Poster-Umschlag wirken wertig. Die Interviews mit Zeitzeug*innen sind hochinteressant.

Es wird sogar ein kleiner Exkurs zum 3sat-Design gemacht, mit dem man an sich schon ein Buch füllen könnte (was auch so angemerkt wird – das lässt hoffen). Das 3sat-Design hat nämlich auch einige wirkliche Perlen zu bieten und Geschichten zu erzählen. Ich denke da vor allem an die damals designmäßig revolutionäre Sendung „kulturzeit„, die 1995 meines Erachtens Designmaßstäbe im deutschen Fernsehen setzte und auch, wenn ich mich recht entsinne, eine der ersten, wenn nicht die erste war, die im 16:9-PALplus-Verfahren ausgestrahlt wurde. Aber wie gesagt – das 3sat-Design wäre Stoff für einen eigenen Band

Zum Schluss geht das Buch noch auf die verschiedenen Designs der ZDF-Spartenkanäle (ZDFinfo, ZDFneo, ZDFtheaterkanal bzw. ZDFkultur) und deren Geschichte ein – ein gelungener Abschluss, der das Buch insgesamt zu einer sehr runden Sache macht.

Lob und Kritik

Bei allem Lob muss ich am Schluss leider aber auch auf zwei Wermutstropfen zu sprechen kommen, die das Buch für mich keineswegs weniger lohnenswert machen, mich aber dennoch gestört haben. Zum einen muss man leider sagen, dass sich in den deutschen Texten ziemlich viele Rechtschreib- und Interpunktionsfehler eingeschlichen haben. Zu viele (und auch teils peinliche wie das „verpöhnte“ mit „h“ auf Seite 98) für meinen Geschmack. Keine Angst, ich bin niemand, der einen Text dafür verteufelt oder verurteilt, aber ich gehöre doch zu denen, die so etwas einfach beim Lesen stört und die sich fragen, ob man nicht mit etwas mehr Sorgfalt den einen oder anderen Fehlerteufel hätte vor dem Druck hätte austreiben können. Das Impressum erwähnt ein Lektorat für die englischsprachigen Texte, das lässt vermuten, dass man für die deutschen Texte auf einen dedizierten Lektor verzichtet hat – schade.

Und der zweite recht grobe Schnitzer, der bei einem Buch, das sich mit Design beschäftigt und von einem Team aus hauptberuflichen Designern und Forschenden zu diesem Thema herausgegeben wird, eigentlich nicht hätte passieren dürfen, ist folgender:

Ja, natürlich ist das nicht die Handel Gothic EF. Das ist Courier New, weil offensichtlich beim Einbetten der Schrift irgendwas schiefgelaufen ist und diese beim Druck dann durch die Courier New substituiert wurde. Etwas, das spätestens im Proof oder Andruck hätte auffallen müssen.

Wie das Beispiel hätte aussehen müssen, zeigt der folgende Ausschnitt aus dem ZDF-Styleguide, hier in der Ausgabe von 2008:

Auch das natürlich kein Weltuntergang, aber ein kleines Detail, das Detailverliebte (und wer, bitteschön, kauft sonst solche Bücher? ;-)) schon stören kann.

Falls irgendjemand von Verlag oder Herausgebenden das hier lesen sollte: bitte nicht als Mäkelei verstehen, ich habe mich über das Buch wirklich sehr gefreut und tue dies immer noch, wann immer ich es aus dem Regal nehme. Ich empfehle das Buch klar und uneingeschränkt weiter (an dieser Stelle übrigens – sicherheitshalber, auch wenn es selbstverständlich ist – der Hinweis: diese Buchrezension wie auch alle anderen Rezensionen in meinem Blog, sei es zu Medien oder Produkten, sind, trotz Namens- oder Markennennung und trotz Verlinkungen keine Werbung, völlig unabhängig aus intrinsischer Motivation entstanden und spiegeln einzig und allein meine persönliche Meinung wider!). Die Kritik, auch die obigen beiden Punkte, sind absolut konstruktiv gedacht – und als Verbesserungsvorschlag, sollte es eine zweite Print-Auflage geben.

Mehr gibt’s dann auch gar nicht mehr hinzuzufügen. Alles weitere muss man selbst lesen, und vor allem, angucken. Sollte man jedenfalls!

Das Buch gibt’s online und im gut sortierten Buchhandel, ihr findet das schon selbst – hier die ISBN: 978-3-9822542-4-1. Viel Freude!